Veranstaltungen
Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt No. 4
Die normale Stadt und ihre Häuser
14./15. März 2013 (Do./Fr.) Rheinterrasse, Joseph-Beuys-Ufer 33, Düsseldorf
Schirmherrschaft: Der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Christian Ude
Veranstalter: Institut für Stadtbaukunst, Prof. Christoph Mäckler, Prof. Dr. Wolfgang Sonne Organisation: Birgit Roth
Pressespiegel
DONNERSTAG, 14.03.2013
Grußworte: Prof. Dr. Andrzej Górak (Prorektor der TU Dortmund), Michael Groschek (Minister für Bauen, Wohnen Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen) Prolog Jörg Hartmann (Schauspieler, Tatort Dortmund) [Beitrag zum Nachlesen] Thesen Prof. Christoph Mäckler, Prof. Dr. Wolfgang Sonne (TU Dortmund)
Das normale Stadthaus Prof. Klaus Theo Brenner (Berlin)
Diskussion
Das normale Stadtquartier
Prof. Dr. Vittorio Magnago Lampugnani (ETH Zürich)
Diskussion
FREITAG, 15.03.2013
Die normale Stadt und ihre Planungs- und Entwicklungsinstrumente
Prof. Jörn Walter (Hansestadt Hamburg)
Diskussion Resümee Prof. Christoph Mäckler, Prof. Dr. Wolfgang Sonne (TU Dortmund)
Finissage der Ausstellung “Plätze in Deutschland 1950 und heute – eine Gegenüberstellung” Moderation Prof. Dr. Harald Bodenschatz, TU Berlin Prof. Christoph Mäckler, TU Dortmund, Prof. Dr. Franz Pesch, Universität Stuttgart, Prof. Dr. Wolfgang Sonne, TU Dortmund
Diskutanten
Dr. Dieter Bartetzko, Frankfurter Allgemeine Zeitung Dr. Arnold Bartetzky, Universität Leipzig Peter Berner, BDA Nordrhein-Westfalen Dr. Olaf Bischopink, Baumeister Rechtsanwälte, Köln Prof. Michael Braum, Berlin Dr. Peter Fassl, Heimatpfleger des Bezirks Schwaben Klaus Fehlemann, DASL NRW Dr. Markus Harzenetter, LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen Andreas Hild, Hild & K, München Christoph Ingenhoven, ingenhoven architects, Düsseldorf Dr. Robert Kaltenbrunner, Bundesinstitut für Bau‑, Stadt- und Raumforschung Kaspar Kraemer, Kaspar Kraemer Architekten, Köln Meinolf Kühn, Stadt Sundern Hilmar von Lojewski, Städtetag Nordrhein-Westfalen Hannes Mayer, Archithese, Zürich Prof. Dr. (I) Elisabeth Merk, Landeshauptstadt München Julius Mihm, Stadt Schwäbisch-Gmünd Prof. Dr. Werner Oechslin, Stiftung Bibliothek Werner Oechslin, Einsiedeln Prof. Dr. Dr. Martina Oldengott, DASL NRW, Essen Prof. Bernd Reiff, Herdecke Prof. Ivan Reimann, Thomas Müller Ivan Reimann Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin Christoph Sattler, Hilmer & Sattler und Albrecht GmbH, München Stephan Sattler, Burda Media, München Boris Schade-Bünsow, Bauwelt, Berlin Christine Schimpfermann, Stadt Regensburg Cord Soehlke, Stadt Tübingen Prof. Dr. Hans Stimmann, Berlin Michael Stojan, Stadt Siegen Prof. Dr. Jürg Sulzer, TU Dresden Sigurd Trommer, Bundesarchitektenkammer Prof. Ingemar Vollenweider, Jessen Vollenweider Architekten, Basel Prof. Kunibert Wachten, scheuvens + wachten, Dortmund Prof. Jörn Walter, Hansestadt Hamburg Prof. Thomas Will, TU Dresden Prof. Peter Zlonicky, Büro für Stadtplanung und Stadtforschung, München
Vortrag von
Jörg Hartmann
(Schauspieler)
ZUM THEMA
Der Schatten des Funktionalismus ist lang: Immer noch werden heute in Stadtplanung und Städtebau einzelne Probleme mit speziellen Methoden zu lösen versucht, die nicht das Ganze der Stadt im Blick haben. Lärmschutz wird erbarmungslos umgesetzt – egal, was das für den öffentlichen Raum bedeutet; Wärmedämmung wird gedankenlos exekutiert – egal, wie die Häuser danach ausschauen; Wirtschaftsförderung in der Peripherie wird priorisiert – egal, ob darunter Stadt und Landschaft leiden.
Statt von der Lösung von Einzelproblemen auszugehen, schlägt unsere Konferenz vor, von einer gesamtheitlichen Vorstellung von Stadt auszugehen, die eine Vielzahl der anstehenden Probleme schon gelöst hat und die durch neue Problemlösungen nicht zerstört werden darf. Es ist dies die normale Stadt, die sich in jahrhundertelanger Entwicklung bewährt hat und deren leichtfertige Aufgabe mehr neue Probleme schafft, als sie löst. Es sind dies die als städtisch empfundenen Quartiere, die sowohl dem Wohnen als auch dem Arbeiten, sowohl der Bildung als auch dem Vergnügen , sowohl dem Einkaufen als auch der Erholung dienen. Mit ihrer Funktionsmischung und ihren durch Häuser wohldefinierten Straßen- und Platzräumen bilden sie einen vielfältigen urbanen Lebensraum, der gerade den neuen Herausforderungen der Energieeffizienz, des Alters oder der Inklusion bestens gerecht wird.
Es geht heute nicht mehr darum, hier ein Wohngebiet und dort ein Gewerbegebiet, hier eine Straße und dort einen Grünraum, hier ein Einkaufszentrum und dort einen Universitätscampus zu planen. Es geht vielmehr darum, all diese Aufgaben in einem dicht gepackten, eng miteinander verknüpften und ausdrucksvoll gestalteten Stadtkörper zusammenzubringen – eben in dem, was wir als normale Stadt bezeichnen können.
Doch das Konzept der normalen Stadt ist mehr, als die Absage an einen partikularistischen Funktionalismus. Es ist auch die Absage an eine sich selbst zerstörende Exzentrik. Seit dem Geniekult des 19. Jahrhunderts ist der Kulturdiskurs geprägt von der Leitfigur des Außergewöhnlichen; allein das Exzepetionelle kann hoffen, höchste kulturelle Anerkennung zu erfahren. Was im Bereich der privat konsumierbaren Kunst immerhin möglich erscheint, hat jedoch in der öffentlichen Welt der Architektur und des Städtebaus fatale Folgen. Hier zerstört der Wettbewerb der Ungewöhnlichkeiten den für eine urbane Öffentlichkeit notwendigen common sense. Hier zerstört die exzentrische Gestaltung von Einzelbauten und Einzelgebieten den kontextuellen Zusammenhang, der erst die Stadt überhaupt ausmacht. Hier wird die Exzentrik Opfer ihrer eigenen Ubiquität, denn sie kann nicht mehr vor dem Hintergrund des Normalen erstrahlen. Und das Konzept der normalen Stadt ist auch ein gesellschaftlicher Entwurf. Es ist eine Absage an die Auflösung der Stadtgesellschaft in abgeschottete Einzelgrüppchen, in Parallelgesellschaften, in gated communities oder Ghettos. Es beinhaltet das Versprechen, dass jeder Teilhabe an der Stadt haben kann, dass Stadträume und Stadtquartiere prinzipiell jedem offenstehen, dass es einen common ground auch im Gesellschaftlichen gibt. Dies ist kein Zwang, dass jeder überall und gleichartig sein muss; im Gegenteil, es ist die Eröffnung der Freiheit, an der Kommune teilzuhaben, ohne in vorgefassten Gesellschaftsbereichen und Stadtregionen gefangen zu sein.
Bei der Idee der normalen Stadt geht es nicht darum, Normen zu setzen – derer haben wir genug. Es geht vielmehr um das Gewöhnliche, um das Alltägliche. Es geht um die angemessene Stadtgestalt für den alltäglichen Lebenswandel, die gewöhnlichen Tätigkeiten, die üblichen Wege. Es geht um die Stadt, bei der dieser alltägliche Lebenswandel zu einer guten Normalität gefunden hat, die auch in den baulichen Formen zum Ausdruck kommt. In diesem Sinne wird die normale Stadt immer von dem ausgehen, was an guter und bewährter Struktur und Gestalt schon da ist. Und sie wird immer die Vielfalt der Anforderungen mit den Möglichkeiten der Ausformungen in einem gesamtheitlichen Zusammenhang sehen.
Ein zentrales Element der normalen Stadt ist das Haus: das Stadthaus, muss man heute wohl genauer sagen, im Unterschied zur Wohnmaschine, Struktur, Baumasse, Skulptur, Geschossflächenzahl oder wie auch immer die reduzierenden Abstraktionen lauten mögen. Das Stadthaus hat mit seiner Fassade eine konkrete Erscheinung und Wirkung auf den Stadtraum; es dient mit seinen konkreten Räumen dem Leben seiner Bewohner und schafft ihnen eine auch emotionale Heimat; es wendet sich in seinem Erdgeschoss in angemessener Weise an die Stadtöffentlichkeit; es bildet mit seinen Nachbarn einen baulichen und gestalterischen Zusammenhang. Neben den Grundfragen danach, was eine normale Stadt ausmacht, will die diesjährige Düsseldorfer „Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt“ im Detail die Frage nach den normalen Stadthäusern erörtern. Am konkreten Beispiel der Konzeption von normalen Stadthäusern sollen wieder die verschiedenen mit der Stadt befassten Disziplinen zusammenkommen – aber nicht, um sich in ideologischen Grundsätzen voneinander abzugrenzen, sondern um in gemeinsamer Arbeit am konkreten Beispiel zu einer tatsächlichen Verbesserung von Planungs- und Baukultur und damit letztlich der städtebaulichen Praxis beizutragen. Architekten, Stadtplaner, Ingenieure, Soziologen, Politiker, Künstler, Bürger – sie alle sind in das Projekt des normalen Stadthauses verwickelt und müssen folgende Fragen beantworten:
Welchen Anforderungen muss das heutige Stadthaus entsprechen? Welche Wirkung auf den öffentlichen Raum soll das private Stadthaus haben? Wie soll das Haus im Block und zur Straße hin angeordnet sein? Wie kann das Erdgeschoss auf Straße oder Platz reagieren? Welche Fassadengestaltung vermittelt angemessen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit? Welche Fassadengestaltung schafft Stadträume? Welche Typen und Traditionen bieten Anknüpfungspunkte – und welche nicht? Welche Bauherrenschaften stehen heute für Stadthäuser zur Verfügung?
Welche Gesetze, Vorschriften oder Normen verhindern heute die Errichtung normaler Stadthäuser? Welche Instrumente könnten die Errichtung normaler Stadthäuser befördern? Welche Ausbildung braucht es zur Planung und zum Entwurf normaler Stadthäuser?
Diese und weitere Fragen werden nach einleitenden Impulsreferaten diskutiert. Die multidisziplinäre Zusammensetzung der Diskutanten sowie die Durchführung der gesamten Konferenz im Plenum sollen ein gesamtheitliches Verständnis ermöglichen, auch wenn Detailfragen erörtert werden. In diesem Sinne hat die Konferenz nicht nur den möglichen Konsens im Städtebau unter dem Begriff der normalen Stadt zum Thema, sie ist auch selbst durch ihre Gesprächsanordnung ein Beitrag zur Konsensbildung auf dem Weg zu dem, was eines Tages wieder als ganz normale Stadt bezeichnet werden könnte.